Na dann, liebe Leute, ich habe im Heft gestöbert und einige interessante Zitate gefunden - vor allem, wir lagen absolut richtig mit unseren Interpretation! Mich persönlich begeistert das... aber lasst mich euch berieseln.
"Wirklich, es gibt herrliche Wörter: Arakanga eben oder zum Beispiel Borodino."
(Gerhard Meier)
Und zwar ging es Gerhard Meier darum, "mit Worten zu musizieren". Denn schliesslich ist es ja so, dass "in der Wiederholung, so weiss er, liegt das Geheimnis des Lebens - also auch der Kunst - begründet."
Soll heissen; ja, liebe Leute, wir wurden wieder und wieder mit demselben Inhalt beschwatzt. Das war nicht unser mangelnder Intellekt, der uns da Streiche spielte.
Und weiter: "Der Inhalt. Die Handlung. Hier liegt das Problem. Goethe hat von Musik gesagt, sie sei die höchste der Künste, weil sie keinen Inhalt habe, der abgerechnet werden müsse. Aber könnte die Literatur nicht auch ohne diesen abzurechnenden Inhalt auskommen? Und ohne Handlung?"
BAMM.
Seht ihr! SEHT IHR!
Es lag auch nicht an mangelndem Intellekt, dass man nichts verstanden hat, nicht begriffen hat, worum es geht - es gab nichts zu begreifen! Keinen Inhalt, und eine Handlung sowieso nicht!
"Die Frage, wovon Gerhard Meiers Romane handeln, ist sowieso unbeantwortbar (...). Es liessen sich allenfalls die in Meiers Romanen immer wiederkehrenden Motive benennen." (Ich fühle mich für uns alle bestätigt in diesem Satz.)
"...und tatsächlich spielen diese Romane alle auf einer Bühne, nämlich auf der Bühne des Bewusstseins. Da alles, was geschieht, immer nur im Bewusstsein des Schreibenden geschieht, da alle Bewegungen nur in seinem Bewusstsein stattfindet, kann sich lineares Erzählen unmöglich entwickeln. Der Leser wird vielmehr gleichsam an den ununterbrochenen Bewusstseinsstrom des Autors angeschlossen, in dem Disparatestes (ein schön kompliziertes Wort um etwas Einfaches auszudrücken, denn Disparität = Gegensatz) nahezu unvermittelt nebeneinander abläuft. Jede Art von Hierarchie der Werte wird dabei weggeschwemmt. (...) Proust und Spaghetti-Sauce müssen, besser: dürfen neben- und miteinander auskommen (als ein wirklich tolles Beispiel, und den restlichen Bla Bla des Absatzes lass ich jetzt weg.)"
Ich habe gestern spätnachts noch darin gelesen und fand nach dem Lesen das Theater erst so richtig gut, irgendwie. Da liegt doch der Haken: man soll nicht erst versuchen, zu verstehen, oder sich darüber den Kopf zermatern, warum man es nicht verstanden hat.
Zudem gelange Luft in die Bäume unseres Gehirns, denn die Gehirnzellen stellten so etwas wie Bäume dar und seien milliardenweise vorhanden, so dass man geradezu von Gehirnwäldern reden könne.
(Gerhard Meier, Ballade vom Schneien)
Noch zum Theater selbst einige Worte:
"In der Baur-Bindschädler (die zwei philosophierenden Charaktere, aufgesplittet sechs, oder so stelle ich es mir mittlerweile vor) -Tetralogie (eine Tetralogie bestehend aus Romanen, die bereits früher erschienen sind: „Toteninsel“ 1979, „Borodino“ 1982, „Ballade vom Schneien“ 1985 und „Land der Winde“ 1990) versuchen Gerhard Meiers Protagonisten immer wieder, das Wesen der Poesie zu definieren, und kommen damit sehr weit- aber zu keinem Ende. Er könne nicht sagen, was Poesie sei, bekennt Baur, er könne ja auch nicht sagen, was Salz sei: "Und warum unser Leib auf Salz hin angelegt ist, unser Leben auf Poesie hin, das pfeifen vermutlich die Spatzen auf den Dächern. Aber verstehen müsst man's, Bindschädler." (...) auch hier ist das Wie wichtiger als das Was. Dass letzlich ohnehin alle Definitionen vergeblich sind und Sprache vor jedem Spatzengeschrei - vor der Natur - kapitulieren muss, von diesem Wissen ist Gerhard Meier und sind seine Bücher zutiefst durchdrungen."
Eine bessere Erklärung zu "was haben wir überhaupt gesehen, an diesem Abend im Theater?" kann ich euch beim besten Willen nicht liefern. Aber irgendwie finde ich das auch spannend, dass man es nicht erklären, höchstens vage beschreiben kann, und sowieso!
Ich ziehe eine positive Bilanz zu diesem Theaterbesuch. So vollkommen abstrus und unverständlich es auch teilweise war, so hat es auch sein sollen.
Wiedersprecht mir ruhig; ich fand es toll.
Sogar noch toller, nach dem mir bewusst wurde, das genau das, was wir davon aufnahmen (=nicht viel) auch beabsichtigt war, uns mitzubringen. Vielleicht konnte ich euch ja sogar mit etwas Begeisterung anstecken. Das war natürlich das Ziel des ganzen Geschreibsels hier. Aber - denkt darüber, was ihr wollt. Es ist definitiv kein Theater für jedermann. Vielleicht wär's ja besser gewesen, im Theater drin das Denken auszuschalten. Da liegt doch der Hund begraben, wir denken alle zu viel!
Na dann.
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Ein schönes Wochenende wünsche ich!
ICH! MUSS! FORT!